1Bitte stör mich und höre mir zu.
Zuhören heißt da sein. Zuhören ist ein Zeichen dafür, dass Sie Ihr Gegenüber wahrnehmen und damit auch ernst nehmen. Depressive Menschen finden oft keine Worte, um ihre Gefühle auszudrücken. Sie fühlen sich im eigenen Schweigen gefangen. Fragen Sie deshalb immer wieder einfühlsam nach, fordern Sie zum Reden auf und hören Sie geduldig zu. Aber werten Sie das Gehörte nicht, denn damit bewerten Sie auch Ihr Gegenüber. Dadurch kann der innere Rückzug eher noch verstärkt werden.
2Bitte stör mich und hab Geduld.
Bleiben Sie verständnisvoll und geduldig. Auch wenn Sie auf Ablehnung, Schweigen oder Rückzug stoßen, reagieren Sie verständnisvoll und empathisch. Sprechen Sie depressive Menschen immer wieder an, kündigen Sie Ihren Besuch an und setzen Sie diesen auch in die Tat um, selbst wenn Ihre Ankündigung zunächst auf Abwehr stößt. Fordern Sie zu gemeinsamen Aktivitäten auf. Geben Sie weiterhin regelmäßig Signale der Anteilnahme. Damit zeigen Sie auch, dass Ihnen Ihr Gegenüber viel bedeutet und wertvoll für Sie ist.
3Bitte stör mich und unterstütze mich.
Ihre Unterstützung ist wichtig. Ermuntern Sie depressive Menschen immer wieder, sich professionelle Hilfe zu holen. Informieren Sie sich z.B. über Therapiemöglichkeiten und Kliniken und besprechen Sie diese Themen gemeinsam mit dem betroffenen Menschen. Zeigen Sie dort Wege auf, wo Ihr Gegenüber nur noch Sackgassen sieht. Aber bevormunden Sie niemanden und übernehmen Sie nichts, was Ihr Gegenüber selbst erledigen kann: Legen Sie dem depressiven Menschen eine Therapie ans Herz, aber bei einem Therapeuten anrufen und einen Termin ausmachen, sollten die Betroffenen möglichst selbst.
4Bitte stör mich und verzeih mir.
Zeigen Sie Verständnis. Depressive Menschen können starke negative Gefühle ausstrahlen. Lassen Sie sich davon nicht entmutigen und nehmen Sie vor allem kränkende Bemerkungen nicht persönlich. Eine Depression verursacht Symptome, die der Erkrankte nur schlecht oder gar nicht steuern kann. Seine Reaktionen und sein Verhalten wirken deshalb oft abweisend, manchmal auch „undankbar“. Doch depressive Menschen leiden unter ihrem eigenen Verhalten genauso wie die Menschen um sie herum. Seien Sie nachsichtig. Es ist die Krankheit, die aus dem depressiven Menschen spricht, nicht sein Herz.
5Bitte stör mich aber achte dabei auf dich selbst.
Nehmen Sie immer auch Rücksicht auf sich selbst. Helfen ist etwas Schönes und Notwendiges, aber achten Sie darauf, Ihre eigenen Kräfte nicht zu überschätzen. Wenn Sie merken, dass die Anforderungen Sie an Ihre psychischen oder physischen Grenzen bringen, wird es Zeit, innezuhalten. Sie tun keinem einen Gefallen, wenn Sie sich selbst verausgaben. Sie können nur Energie und Lebensmut weitergeben, wenn Sie selbst genug davon haben!
6Bitte stör mich auch wenn alles sinnlos scheint.
Lassen Sie sich von negativen Erlebnissen und Ergebnissen nicht enttäuschen. Wie bei jeder Krankheit kommt es auch bei Depressionen oft zu Rückschlägen und vorübergehenden Verschlechterungen. Das kann für alle Betroffenen extrem frustrierend sein. Nehmen Sie es auf keinen Fall persönlich und lassen Sie sich nicht beirren. Holen Sie tief Luft – und bleiben Sie weiter am Ball! Erneuern Sie Ihre Hilfsangebote, halten Sie den Kontakt aufrecht und stellen Sie sich weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung.
7Bitte stör mich und begleite mich zurück ins Leben.
Zeigen Sie Zuversicht. Was für Sie wie ein kleiner Schritt erscheint, ist für einen depressiv erkrankten Menschen oft ein sehr großer Schritt. Geben Sie Ihrem Gegenüber die nötige Zeit, sich langsam wieder ins Leben zurückzuwagen.
Fordern Sie nicht zu viel auf einmal, freuen Sie sich stattdessen gemeinsam über jeden noch so kleinen Erfolg. Eine halbe Stunde spazieren zu gehen ist besser als gar nichts und nach einer Stunde eine Party zu verlassen ist besser, als gar nicht erst dorthin zu gehen.
8Bitte stör mich und rüttle mich wach.
Seien Sie aufmerksam. Es gibt meist „Frühwarnhinweise“, die einen Rückschlag oder einen neuen Depressionsschub ankündigen. Beispielsweise, wenn sich Ihr Gegenüber wieder vermehrt zurückzieht. Dann sprechen Sie aus, was Sie sehen und fühlen. Fragen Sie nach, wie es dem anderen geht. Vielleicht ist es gut, für einen erneuten Termin beim Therapeuten zu motivieren oder andere Hilfsangebote anzusprechen.
9Bitte stör mich und respektiere meine Persönlichkeit.
Vergessen Sie nie, wer der Mensch hinter der Depression ist. Lassen Sie das Bild der Krankheit nicht die ganze Persönlichkeit des Depressiven überlagern. Versuchen Sie immer, den ganzen Menschen zu sehen. Begegnen Sie ihm stets aufs Neue mit Respekt. Auch wenn er noch so passiv erscheint, so ist er selbstverständlich eine Person mit eigenen Gefühlen und eigenem Willen. Helfen Sie ihm durch Ihre anteilnehmende Unterstützung, wieder stark zu werden.